The day of the rising sun


25.06.2016

Welch ein Erwachen heute früh! Mein Liebster war wie immer vor mir auf den Beinen. Das macht sich dadurch bemerkbar, dass unser Wohnungetüm sich kurz in ein Schiff verwandelt, das bedrohlich hin und her schwankt. Zudem waren mir bisher unbekannte, verdächtige Glucksgeräusche zu hören, als Dietmar sich in der engen Dusche abmühte. Jetzt ist es passiert! Ich sass sofort kerzengerade in meinem Alkoven, was gar nicht so einfach ist, wenn man bedankt, wie wenig Platz da oben ist. Der Abwassertank ist voll, schoss es mir durch den Kopf. Und ich kann nicht mehr duschen. Katastrophe. Noch schlimmer aber schien mir die Vorstellung, das schmutzige Wasser könne durch alle möglichen Öffnungen aus den Eingeweiden des Ungetüms hervorschiessen und unser Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer überschwemmen. Dietmar beruhigte mich. Er fand allerlei Erklärungen, weshalb sich die rotblinkende Warnanzeige wahrscheinlich irre. Sie irrte sich nicht. Das zeigte sich beim Abwasch nach dem Frühstück, als das Wasser nicht mehr abfloss. Sofort zur nächsten Dumpingstation! Der Tag begann nach dem kurzen Zusammenräumen der Utensilien mit der Suche danach. Zum Glück hatte ich vor der Abfahrt noch bemerkt, dass mein Liebster eine halbvolle Kanne Kaffee in den Geschirrschrank geschmuggelt hatte. Er liebt kalten Kaffee und malte sich aus, wie er ihn unterwegs trinken könnte. Ich hingegen malte mir aus, wie die Kanne bei der ersten scharfen Kurve kippen würde und der Kaffee aus dem Geschirrschrank tropfen würde. Die Sauerrei würde ich dann putzen müssen, wie das letzte Mal, als sich die Türe des Kühlschrankes öffnete, der halbe Inhalt in der Gegend herumflog und eine Colabüchse aufsprang. Ohne dass ich weitere Argumente anbringen musste war mein Liebster einverstanden, den Kaffee auszuschütten, was natürlich nur ausserhalb des unseres Homes möglich war, da der Abfluss ja nichts mehr schluckte. Die Sani-Dumping-Station war zum Glück bald gefunden. Dietmar zog die Gummihandschuhe an, ich überwachte die Aktion. Zuerst das Blackwater entsorgen, dann das Greywater. Hygienebeutel ins Klo werfen und Frischwassertank füllen. Etwas ungeduldig befahl Dietmar, den Wasserhahn an der Frischwasserstation ganz aufzudrehen. Eine zweite, wiederum kalte Dusche war die Folge. Mein Liebster tat mir richtig leid. Ich musste aber trotzdem schallend lachen. Und er lachte mit. Dann endlich ging die Reise los Richtung Granbrook, Fort Steele. Ziel sollte der Campground in Wasa sein.
Der graue Himmel liess langsam blaue Flecken durchschimmern und die Sonne wurde immer selbstbewusster. Fort Steele war eine richtige Entdeckung! Das Museumsdorf hatte seine Blüte nach dem Goldrausch von 1884 mit damals 4000 Einwohner. Leider wurde beim Bau der Eisenbahn Fort Steele nicht berücksichtigt, sondern Granbook bevorzugt. Und ohne Eisenbahn, keine Chance! In kurzer Zeit schrumpfte die Bevölkerung. Zum Glück beschloss die Regierung der Provinz, das kleine Städtchen zu einem historischen Ort umzufunktionieren. Die Gebäude der britischen Einwanderer wurden restauriert und Forte Steele wurde zu einem  Erlebnisort. In den Kostümen von damals werden die Besucher empfangen und über hundert Jahre zurück katapultiert. Da erlebt man auf der Strasse kurze Szenen aus dem Alltag von damals, von Schauspielern dargestellt. Wenn man Glück hat kann man sich im Theater eine Show anschauen. Kutschen fahren Familien mit quickenden Kindern über die breiten Strassen. Im Nähatelier bestaunt man eine hundertfünfzigjährige Singernähmaschine und kann sich auch gleich nebenan mit Kostümen und Untensilienvon damals eindecken. Die Versuchung war gross, mich zu verkleiden und als Cowboybraut durch die Strassen zu tanzen. Dietmar wäre lieber ein Goldwäscher gewesen. Das Unterfangen blieb ein Traum. Wir blieben Touris, die aber zum Glück nur ganz sparsam vorhanden waren. Im kleinen Gerichtssaal riecht man noch heute den Angstschweiss der Verurteileten, die im gleichen Gebäude in engen Zellen auf ihre Hinrichtung warteten. Der Zahnarzt hatte sein Praxis so angelegt, dass der Cowboy von der Strasse her die Behandlung beobachten konnte und so wahrscheinlich seinem Pferd die Sporen gab, um mit seinen Zahnschmerzen das Weite zu suchen. In der Bäckerei duftet es herrlich nach Zimtschnecken und beim Schuster gibt es robuste Ledergürtel zu kaufen. Eine Welt, wie eine Puppenstube mit lebensgrossen Puppen, vergnüglich, ohne Anspruch auf absolute Authentizität, einfach nur, um sich wohl zu fühlen und seiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Das taten wir denn auch, bevor es nach Wasa weiterging, wo wir einen sehr gemütlichen Standplatz für die Nacht fanden. Dietmar plauderte mit dem Parkwächter, stellte fest, dass es mit dem Ausleihen von Fahrrädern und auch mit dem Paddeln auf dem in der Nähe gelegenen See nicht so einfach wäre, worüber ich gar nicht traurig bin. Morgen geht es weiter Richtung Banff. Vorerst aber geniessen wir mit einem Glas Wein oder zwei eine idyllische Abenstimmung am Feuer.


   Fort Steele Theater




   Goldwäscher in Aktion



 




    Ojehh, schlimmer als im Canadream!

 


    Gerichtssaal und Gefängniszelle


   Not guilty!!



   Es gibt auch weisse Bohnen!

   Und leckere Cockies!
   
   Bye,bye!
   p-dur 

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