Zaandam


Dritter Versuch! Ich hatte schon zweimal begonnen, einen Blog zu schreiben. Mit der neuen Blogspot App. Diese scheint aber den Text nicht zu speichern, wenn man kein WLAN hat. Nun bin ich aber in einer andern Welt, der schwimmenden. Und hier kosten 100 Minuten Internet 55 US Dollar. Wenn ich also eine Stunde brauche, um einen Blog zu schreiben, wird das ziemlich teuer. Zumal mir eine Stunde meistens nicht reicht. Ich schreibe jetzt in Pages und kopiere die ganze Chose, wenn wir an Land sind in meinen Blog. So können meine Liebsten endlich erfahren, wo wir sind, wie es uns geht und was wir erlebt haben.

Heute morgen warteten wir im Mondrian Theater - tönt gut, nicht wahr! - auf unsere Ausbootung zum ersten Landgang. Das Mondrian Theater ist ein Raum in etwas altmodischem Stil, mit bequemen Plüschsesseln und Konsumationsbestuhlung. Gestern begrüsste uns hier der Kapitän des Schiffes, ein sympathischer Engländer gesetzteren Alters und sehr vertrauenswürdig. Wenn die Zaandam, unser Schiff, vor Anker geht, befindet sie sich ja nicht direkt an der Küste, sondern wegen ihrer Grösse in einiger Entfernung davon. Von den zahlreichen Rettungsbooten dürfen 8 als Tenderboote verwendet werden. Mit diesen fährt man dann an Land. In jedem Boot haben etwa 60 Personen Platz. So dauert es eine geraume Zeit, bis alle Leute ausgebootetes sind. Wir haben es irgendwann geschafft, fanden am Hafen einen sympathischen Taxifahrer, der uns für eine dreistündige Tour nach Puerto Varas und wieder zum Schiff zurück fuhr. Wir kennen diese Gegend bereits von unserer letzten Reise vor vier Jahren. Schön, die bekannten Orte ein zweites Mal zu sehen! Sogar den kleinen Espressowagen, den wir das letzte Mal am Hafen entdeckten, stand plötzlich wieder vor uns!

Unser Schiff gehört nicht zu den ganz grossen „Dreckschleudern“. Im Gegensatz zu diesen gibt es hier Platz für „nur“ 1500 Leuten. Dazu kommt die Crew, die zahlreich ist und vorwiegend aus dem asiatischen Raum stammt. Von Eva, unserer netten jungen Servicedame beim Frühstück haben wir einige interessante Infos erhalten: Als moderne Sklaven fühlen sich diese Leute nicht. Sie bewerben sich in ihrem Heimatland, in Evas Fall in Indonesien. Sie müssen einige Eignungstest bestehen. Wie es sich mit Amal, unserem Kabinenstewart verhält, habe ich noch nicht heraus gefunden. Er lächelt immer, wirkt aber erschöpft. Auch weiss ich nicht, was die Leute verdienen. Der Mindestlohn in Chile beträgt 300 Euro im Monat...

Unser Schiff ist bis auf den letzten Platz ausgebucht. Es wird in der Antarktis keinen Halt machen, weil das nur noch ganz wenige Schiffe dürfen. Man hat eingesehen, dass der Erhalt des ewigen Eises auch den Erhalt unserer Zukunft bedeutet. Wer sich trotzdem von den Pinguinen auf die Schuhe scheissen lassen will, muss dafür sehr viel Geld bezahlen. Massentourismus wird dadurch automatisch verhindert.

Auf der Zaandam befinden sich Menschen aus fast 30 verschiedenen Ländern. Nur 120 sind Deutsche! Welch ein Glück. Schweizer habe ich bis jetzt nur zwei entdeckt. Unsere Kabine ist klein und hat ein Fenster, das man aber nicht öffnen kann. Die Klimaanlage funktioniert gut. Ich kann mich nicht beklagen, solange mein Liebster die Temperatur nicht zu tief einstellt. Inzwischen haben wir einen Kompromiss gefunden. Das Schiff ist etwas altmodisch, was mir gefällt, mit Plüsch, Kronleuchter und so. Auch eine Schiffsorgel gibt es. Sie spielt immer um 12 Uhr Mittags. Bis jetzt habe ich das verpasst. Alles erinnert mich ein bisschen an die Titanic. Die Sicherheitsvorkehrungen werden penibel genau durchgeführt. Kaum waren wir auf dem Schiff, mussten wir uns an unserm Sicherheitspoint einfinden und in Fünferkollonnen aufstellen. Die Aktion dauerte so lange, bis auch der hinterletzte Passagier dort stand und sich mit seiner Schiffs -ID ausgewiesen hatte. In die Rettungsboote mussten wir aber nicht einsteigen und auch die Schwimmweste mussten wir nicht anziehen.

In den letzten zwei Tagen war das Meer sehr wild. Ich habe gehört, die Wellen seien bis zu zehn Meter hoch gewesen. Mir wurde übel, gestern habe ich denn auch bleich und ohne Appetit an unserm 8-Tisch gesessen. Eine Frau fehlte ganz. Auch an den übrigen Tischen gab es leere Plätze. Nach dem Essen, oder eben Nichtessen habe ich mich in die Kabine zurückgezogen. Der besorgte Herr vom Service hat mir grüne Äpfel und Crackers mitgegeben. Die Stöckelschuhe trug ich in der Hand. Ich schwankte auch ohne schon ziemlich stark. Aber ich weiss, dass es noch viel schlimmer kommen könnte, was ich nicht hoffe. Das Servicepersonal leistet da unheimliche Dienste, balanciert mit Tabletts voll beladen durch die Gegend und ist dabei bester Laune. Allerdings tragen alle, auch die jungen Damen, flache Schuhe. Das Unterhaltungsprogramm am Galaabend hat mein Liebster ohne mich genossen und machte auch gleich die Bekanntschaft einer Blondine, die anscheinend ein verrücktes Huhn sein soll und allein durch die Gegend reist. Sie ist mir grad vorhin über den Weg gelaufen ist. Sie musterte mich, ich sie. Das reicht. 

Das Essen auf dem Schiff ist sehr gut, wenn man es dann geniessen kann. Überall gibt es Hinweise, dass man sich die Hände waschen und desinfektionieren soll. Ich habe die Hoffnung, dass auch erziehungsresistente Männer nach drei Wochenum umerzogen sind. 

Was gibt es sonst noch in der Eile zu erzählen - unser Tenderboot fährt bald zurück zum Schiff. Dann ist Schluss mit WLAN. Also: Die Stimmung auf dem Skydeck ist umwerfend, auch im wahrsten Sinne des Wortes. Man muss sich gut festhalten, die Naturgewalten sind eben gewaltig! 

Hasta luego, Pia


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