Polen Ade

Es wird Zeit, dass wir nach den vielen Erlebnissen in Polen wieder etwas zur Ruhe kommen. Seit gestern Nacht sind wir zuhause in unserm Hüsli! Ich kann nicht sagen, dass ich Polen nun kenne, aber immerhin weiss ich jetzt, dass Danzig am Meer liegt, und dass die Lanfschaften in den Masuren so sind, wie Siegfried Lenz sie beschreibt. Ich weiss, dass Polen eine schwierige, zerrissene Vergangenheit hat und dass deren Bewältigung noch auf sich warten lässt. Dass es moderne, aufgeschlossene junge Leute gibt, die ihr Leben geniessen wollen und die sich vom Rausch des Konsums mitreissen lassen. Dies ist ja auch nur zu verständlich nach der kommunistisch geprägten Nachkriegszeit. Und doch macht sich, trotz der gewonnen Freiheit seit der Wende, auch Unzufriedenheit breit. Der Besitzer einer Bar erzählte uns gestern Abend, die Regierung sei ein „Big mess“. Polen hätte eine Verfassungskrise. 

Unsere letzte Nacht in Polen verbrachten wir in Krakau, im „Aparthotel Stare Miasto“ mitten in der Altstadt, Nähe des Rynek, dem Hauptmarkt der Stadt. Auf dem riesigen Platz tummelten sich die Menschen auch an einem gewöhnlichen Montagabend. Die Restaurants waren bestens besucht, Strassenmusiker  beschallten den lauen Sommerabend. Unser Zimmer, wieder im urchigen Backsteinstil, war geschmackvoll renoviert. Im Bad gab es einen Waschtisch aus Glas, von der Decke hingen Glühbirnchen, zu kleinen Sträusschen zusammengefasst. Da sieht man grosszügig darüber hinweg, oder hört darüber hinweg, wenn frühmorgens ein Abfallentsorgungswagen durch die enge Gasse über das Kopfsteinpflaster rattert, was über Ohren und Nase deutlich wahrzunehmen ist.
Frühstücksplatz im „Nova Provinca“


Unsere Polenreise war ein ziemlicher Kraftakt, den wir  gemeinsam gut gemeistert haben. Es war nicht alles ein Zuckerschlecken, aber das hat man ja auch auf den Fotos schon sehen können. Oft warfen wir einen Blick hinter die herausgeputzten Kulissen der Häuser und entdeckten nackte, schmutzige Wände. Plattenbauten, wie zur Zeit der DDR, Ruinen, noch aus der Kriegszeit, aber auch einfache Hinterhöfe, wo sich die Bewohner zusammen fanden, ihre schäbigen Klapptische und Stühle aufgestellt hatten und zufrieden ihr Bier tranken. 

Da wir uns, ausser in Karnity, immer in Städten aufhielten, waren wir auch ständig mit der Geschichte und dem Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Polen konfrontiert. Das war belastend.

Mein Liebster hatte die Unterkünfte allesamt gut gewählt, wobei mir das nicht immer auf den ersten Blick klar war. In Danzig wäre ich lieber in der Nähe der Innenstadt gewesen, so dass man auch mal kurz eine Ruhepause hätte einlegen können, ohne zuerst eine halbe Stunde mit Tram und Fahrrad unterwegs zu sein. Aber schliesslich war gerade die Entfernung auch ein Vorteil. Wir lebten da wie gewöhnliche Leute und nicht wie Touristen, blickten aus dem Fenster und beobachteten die Menschen, wie sie ihre Balkone nutzten, ihre Fahrräder dort abstellten, Wäsche aufhängten, eine Zigarette rauchten.

Ein bisschen stolz dürfen wie auch darauf sein, dass wir nicht in einer Gruppe reisten, nicht von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit geschleust wurden, sondern selber auswählten, uns informierten und Wege suchten. Wir schlugen uns durch mit Fahrrad, Bus, Metro und Tram und nicht immer gelang es uns, ein Ticket vom Automaten zu kaufen. Da ich einen totalen Orientierungsunsinn besitze, war ich froh um meinen kundigen Reiseleiter, der sich allerdings auch ab und zu vertat und der vor allem kein Vertrauen zum GPS auf meinem iPad hatte. Das war manchmal etwas nervig.

Dass wir den letzten Tag unserer Reise wieder in Krakau verbrachten, fand ich sehr bereichernd. Jetzt hatte ich doch noch die Möglichlichkeit, die Marienkirche zu besuchen, deren prunkvolles Innere mit der farbenfrohen Bemalung und dem golden glänzenden Sternengewölbe sich kaum beschreiben lässt. Bei unserer Ankunft drei Wochen zuvor war, wegen der riesigen Menschenmenge am hohen Feiertag „Maria Himmelfahrt“, ein Besuch ausgeschlossen. Auch der Besuch der alten Universität mit ihrem Collegium Maius war beeindruckend. Sogar Papst Johannes Paul hatte hier studiert, zurzeit der deutschen Besatzung. Eigentlich war die Universität in jener Zeit geschlossen, was scheinbar nicht alle Professoren und Studenten beeindruckt hatte. Und nochmals wollte ich das ehemalige jüdische Viertel, das Kazimierz und die Synagoge  besuchen, diesmal bei Tageslicht. War das wirklich dieselbe Gegend, dasselbe kleine Lokal, in dem wir am ersten Abend unsern Willkommensdrink genossen hatten, müde, hungrig aber doch voller Erwartung?

Polen ist eine Reise wert. Aber eine reicht nicht, um zu begreifen, wie die Menschen hier leben. 
Wie auch immer, das nächste Mal nehme ich weniger Gepäck mit! Diese Schlepperei war eine Quälerei!


Im Hof der Universität

Einer der Helden des Landes

Das Collegium Maius wird heute noch für festliche Anlässe benutzt, wie die Verleihung des Doktortitels.

Auch in dieser Bibliothek muss ab und zu aufgeräumt werden.

Ein Gelehrter, aber welcher??




Abschiedsmelodie...

















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