Inselglück auf Reichenau



Das ist der Rest eines Striezels. Dietmar nennt das Gebäck „Hefezopf“. Er kauft ihn regelmässig auf dem Wochenmarkt in Lörrach. Dieser Striezel von  der  Bäckerei „Laib und Seele“ auf der Insel Reichenau wog mindestens ein Kilo. So staunte ich nicht schlecht als meine Freundin Claudia, eine eher zierliche Person, als Zwischenverpflegung einen ganzen Striezel wünschte. Es mag an den Corona - Sicherheitsvorschriften liegen - Maske, Abstand - dass sie den Umfang des Gebäckes falsch einschätzte. Als sie sich dessen bewusst wurde, beschränkte sie sich auf einen halben. Er diente uns während unseres zweitägigen Aufenthaltes als Zwischenverpflegung. Das Frühstück im Hotel war sehr reichhaltig und das Abendessen liess auch keine Wünsche offen. Allerdings ziehe ich „richtige“ Spaghetti den Zucchini-Spaghetti vor, die ich am zweiten Abend bestellte. Anders als sonst habe ich meinem Bericht über die zwei Inseltage mit einer kulinarischen Köstlichkeit begonnen. Ich nehme an, dass auch die Mönche, welche im Mittelalter auf der Insel lebten, diesen Genüssen nicht abgeneigt waren. Sie fanden hier einen überaus fruchtbaren Boden vor, der auch heute noch für Gemüsefelder und Obstplantagen genutzt wird. Es soll einen Abt und Schriftsteller namens Walahfrid Strabo gegeben haben, der unter anderm den berühmten „Hortulus“, eine Abhandlung über den Gartenbau, verfasst haben soll. Diese Kirchenmänner hatten aber nicht nur den Auftrag, Gemüse und Kräuter anzupflanzen, nein, sie sollten die christliche Religion verbreiten. Das taten sie sehr erfolgreich. Im Jahre 724 gründete der Wanderbischof Pirmin auf der damals unbewohnten Insel ein Kloster, das zum politisch, wissenschaftlich und künstlerischem Zentrum wurde. Eine Person mit Namen Hermann der Lahme - sein Todesjahr war 1054 - kann man als Universalgelehrten bezeichnen. Er war nicht nur Geschichtsschreiber, Mathematiker und Astronom sondern auch Musiker und entwickelte eines der frühesten Notensysteme des Mittelalters. Eine solche Schrift habe ich in der Schatzkammer des Münsters „Maria und Markus“ neben den versilberten Reliquienschreinen entdeckt. An diesem Ort hing auch dieses romanische Kreuz.



In der Romanik gab es die sogenannten „vier-Nagel-Kreuze“. Jesus hatte keine Dornenkrone auf dem Kopf und wurde auch nicht mit schmerzverzerrtem Gesicht dargestellt, sondern als „Aufersteher“. Die Bildnisse mit Dornen, Blut und gekreuzten Beinen entstanden erst später.

Wir haben zwei sehr interessante Führungen miterlebt, die erste in der Kirche „St. Georg“, die zweite im Münster „Maria und Markus“. Die dritte noch erhaltene romanische Kirche auf der Insel, die Kirche „Peter und Paul“ haben wir auf eigene Faust erkundet. Einst gab es zwanzig Kirchen auf der Insel, also eine ähnliche Dichte von Gotteshäusern wie im Burgund!



St. Peter und Paul in Mittelzell





In der Barockzeit war es anscheinend üblich, alle Wände weiss zu übertünchen. Nur die Gegenstände in der Kirche sollten ihre grösstmögliche Wirkung entfalten können. Später hat man versucht, die frühen Wandmalereien wieder freizulegen. Diese waren einst sehr bunt.



St. Georg in Oberzell



 
Der Gnadensee

Darüber, wieso man diesen Teil des Untersees Gnadensee nannte, habe ich mich bei Wikipedia kundig gemacht. Es wird vermutet, dass ein zum Tode Verurteilter über diesen Teil des Sees zum Festland gebracht wurde. Es war verboten, das Todesurteil auf dem heiligem Boden der Insel zu vollstrecken. Wenn nun der Abt seine Meinung während der Überfahrt  änderte, liess er eine Glocke läuten, bevor der Verurteilte am Festland ankam. So wusste der Henker, dass der arme Teufel begnadigt werden sollte.



St. Peter und Paul in Niederzell


Hier mischt sich Romanik und Barock!


Claudia war eine fantastische Reiseführerin! Dank ihr erreichten wir mühelos die Ziele, die wir uns vorgenommen hatte, sei es zu Fuss, mit dem Bus oder schwimmend im See!



Die Hochwart ist mit 439m die höchste Stelle auf der Insel. 







Die Winzerei haben wir zwar nicht besucht, aber dafür am Abend den Spätburgunder - mit der rosa Farbe - genossen.



Die kleinen Birnen auf dem Boden schmecken köstlich!









Der Kurzaufenthalt auf der Reichenau war ein Geburtstagsgeschenk meiner Freundin Claudia an mich. Wir kennen uns schon länger als ein halbes Leben, haben viele gemeinsame Erinnerungen und entsprechend vieles zu besprechen. Das taten wir ausgiebig. Kultur, Natur und das gepflegte Hotel „Mein Inselglück“ bildeten einen wunderbaren Rahmen. Das Wesentliche dieser Zeit waren aber unsere Gespräche, ob während des Essens, beim Spazierengehen oder auf der Fahrt hin und zurück. 
Danke Claudia!








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