Das Kreuz mit der Fahrt

Ich werde nie mehr jemandem erzählen, dass wir eine Kreuzfahrt machen! Anna riss wutentbrannt die Küchentür auf. Man kommt sich ja vor, als hätte man die Pocken oder noch schlimmer als sei man eine Trumpwählerin! Jetzt übertreib mal nicht, erwiderte Fred. Er war gerade damit beschäftigt, seine neuesten Erkenntnisse aus dem Kochkurs zu erproben. Schalte bitte den Dampfabzug an! Ja, ja und du beruhige dich. Wie war denn dein Tag? Beschi... Die Schüler wieder einmal ungezogen bis zum geht nicht mehr? Nein, noch schlimmer. Und dann diese Diskussion im Lehrerzimmer - Wie kannst du nur mit so einer Deckschleuder verreisen! Die vielen Leute auf dem Schiff, die miese Entlöhnung der Besatzung, die Massenabfertigung, das Essen mit Schlangestehen, die Kabinen höchstens fünfzehn Quadratmeter! Das geht ja noch, unterbrach Fred. Unsere ist kleiner. Was?? Hör ich recht? Du hörst recht. Und ich auch. Du brauchst nicht so zu schreien. Aber du hast doch gesagt, wir buchen die bessere Kategorie? Hab ich doch. Mit Bullauge. Mit Bullauge?? Ich wollte doch einen französischen Balkon. Gab es nicht. Es gab nur Bullauge für den Preis. Hast du wieder an mir gespart, Fred?? Nicht an dir. Für uns. Aber ich wollte doch... Und ich wollte für den blöden Balkon nicht 3000 Euro mehr bezahlen. Basta. Jetzt wurde auch Fred ärgerlich. Anna liess sich auf einen Stuhl fallen. Dampfabzug, flüsterte sie. Sie war den Tränen nahe. Fred schaltete ihn endlich ein. So wird es auch in unserer Kabine sein, versuchte er zu scherzen. Aha, es gibt dort wenigstens einen Dampfabzug. Anna suchte nach ihrem Taschentuch. Nein keinen Dampfabzug, aber eine Klimaanlage. Das Geräusch dürfte ähnlich sein. Auch die Platzverhältnisse sind etwa so wie in unserer Küche. Und riecht es auch so verbrannt? Oh nein, mein Gemüse! Es sollte nur kurz in Butter gedünstet werden. Aber du hast mich abgelenkt mit deinem hysterischen Anfall. Anna schaute Fred eindringlich an. Es gab zwei Möglichkeiten. -  Sie entschied sich für die zweite. Es war ja doch nichts an der Situation zu ändern. Weder konnten sie die Kreuzfahrt absagen - dazu müsste einer von ihnen totkrank sein und diese Rolle wollte keiner übernehmen - noch konnten sie sich eine grössere Kabine mit Balkon leisten. Das sah auch Anna ein. Fred schüttete etwas Sekt in sein ruiniertes Gemüse. Es qualmte. Schade um den Sekt, murmelte Anna. Wie wäre es, wenn du deinen Mantel ausziehen und mit mir auf das neue Rezept anstossen würdest? Fred reichte Anna ein gefülltes Glas. Sie nahm es schmollend entgegen. Wenigstens schaukelt es nicht in unserer Küche, murmelte sie. Aber trotzdem, ich bleibe dabei: von heute an sage ich, dass wir eine Reise nach Südamerika machen! Keine Kreizfahrt! Nein, keine Kreuzfahrt, wir fliegen nur kreuz und quer. Am besten mit einem Segelflugzeug oder einem Ballon. Das ist am umweltfreundlichsten. Bist du sicher? Anna nahm einen Schluck und schaute Fred unsicher an. Ach, das weiss ich doch nicht, wich er aus. Aber du hast mir doch eine Ballonfahrt auf den Geburtstag geschenkt? Kann ich das auch nicht erzählen, ohne zu befürchten, von meinen grünen Freunden gelyncht zu werden?? Am besten, du behältst es für dich. Zuerst müssen wir die Kreuzfahrt überstehen. Dann schauen wir weiter. Prost Anna, auf die Kreuzfahrt! Prost Fred, auf dein angebranntes Gemüse.

P-Dur

4.12.2017

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